David Pohle: Zwölf Liebesgesänge
nach Texten von Paul Fleming
N° 1: Des kleinen Schützen heiße Bolzen die stecken allzu tief in mir; seither so ist mir für und für von ihnen Leib und Sinn zerschmolzen. Wer zweifelt, sehe mich nur an, ob Amor sei ein bloßer Wahn. Man hat mich oft bereden wollen, die Liebe sei nichts, als ein Wahn. Izt wird mir an mir kundgetan, was ich nicht hätte gläuben sollen. Wer zweifelt, sehe mich nur an, ob Amor sei ein bloßer Wahn. Ja was noch mehr von diesem Knaben, ob schon der Pöbel anders spricht: Er traf, und dennoch zielt er nicht. Er muss ja ein Gesichte haben. Wer zweifelt, sehe mich nur an, ob Amor sei ein bloßer Wahn. So kann ich’s auch in mich nicht bringen, dass er ein schwaches Kind soll sein. Ich armer bin’s nicht nur allein’. Er kann die Götter auch bezwingen. Wer zweifelt, sehe mich nur an, ob Amor sei ein bloßer Wahn. Ein Teil der spricht, er soll wohl hören. O das ist wohl ein großer Schnitt. Ich ruf’, ich seufz’, ich fleh’, ich bitt’- umsonst ist’s, das wir ihn so ehren. Wer spricht, das Amor hören kann, und gläubts, der sehe mich nur an. Wie schändlich hat auch der gelogen, der mich’s beredt und schwur dabei, dass Amor nichts als Freude sei. Izt fühl’ ich’s, dass ich bin betrogen. Wer zweifelt, sehe mich nur an, ob Amor nicht betrüben kann. Ein jeder traue seinem Sinne, wer Amor sei, und wie, und was. Man sage dies, man sage das. Ich bin es, leider, worden inne. Was Amor nicht kann, oder kann, das zeiget mein Exempel an.
N° 2: Geht, ihr meine Tränen, geht, und erweichet der ihr Herze, die wie eine Klippe steht, unbewegt von meinem Schmerze. Die das, was mein Herze bricht, sieht, und will’s doch sehen nicht. Fliegt, ihr meine Seufzer ihr, nehmet eure Kraft zusammen. Blaset, wie ihr tut bei mir, auf bei ihr die Liebesflammen, dass sie, wenn sie sieht auf mich, lichterloh auch brenn’, als ich. Meine Boten, so fahrt hin. Schafft mir Rat, so viel ihr könnet, und vergnüget meinen Sinn, der sich selbsten kaum besinnet. Bringt nicht ihr mir ihre Gunst, so ist alle Kunst umsonst.
N° 3: Wollte sie nur, wie sie sollte; und sollt’ ich nur, wie ich wollte, so wär’ ich und sie vergnügt. Ach! wie wär’ es wohl gefügt, wenn wir nicht so widerstrebten, sondern itzt und für und für, ich bei ihr, und sie bei mir, in verglichner Liebe lebten. O wie würden unsre Herden so geschwinde feister werden! Feld und Tal und Berg und Hain würde mit uns fröhlich sein. Alle Nymphen würden lachen, und uns manchen schönen Tanz, manchen schönen lieben Kranz in den bunten Wiesen machen. Ich auch würd’ auf meiner Pfeifen ein erfreutes Liedlein greifen, wenn ich in der Liebsten Schoß alles Kummers würde los. Dann wollt’ ich anstatt des Klagen, das mich itzt für seiner Pein, kaum lässt mich und meine sein, nur von lauter Wonne sagen. O du schöne Salibene! Salibene, o du schöne! Schau doch, wie sich alles liebt, und in süßen Freuden übt. Alles wird durch Luft gerühret. Wir nur gönnen unsre Zeit der verstoßnen Einsamkeit. Denk’, ob dies sich auch gebühret.
N° 4: Liebste, die du’s wahrlich bist, willst du mehr sein, als nur heißen, so lass sich dir nicht entreißen dieser Jahre kurze Frist. Welche Flüssen gleich und Pfeilen unvermutet von uns eilen. Jugend liebt und wird geliebt. Willst du mich und dich betrüben? Es ist ja das süße Lieben eine Tat, die alles übt. Sonderlich, wenn man noch grünet, und uns Gegengunst verdienet. Dies vermischte Milch und Blut, dieser Hals, die weichen Hände schleißen hin. Es nimmt ein Ende, was uns itzt so süße tut. Und von dem wir itzund leben, wird uns bald dem Tode geben. Laß uns blühen, wie wir blühn, eh der Winter welker Jahre dir die goldgemengten Haare wird mit Silber unterziehn. Eh mir dieser Mund erblasset, der denn hasst, und wird gehasset. Gib dich mir, wie ich mich dir, und versich’re dich beineben, dass ich dir kann wiedergeben, was du hast gegeben mir. Was du hast, das bleibet deine, doch ist’s auch nicht minder meine. Stimmt ihr Götter ein mit mir. Helft mir ihren Ruhm erheben. Sie ist meines Lebens Leben. Sie ist aller Zierde Zier. Und, allein der Preis der schönen der gebühret Pamphilenen.
N° 5: Mein Leben, ich bin angezündet, von deiner Liebe keuschen Brunst; was meine freien Sinnen bindet, das sind die Ketten deiner Gunst. Wie selten sind sie sonst beisammen, ein Leib und Geist an Zier gleich reich. Dies doppelt meiner Liebe Flammen. Bei dir ist Schmuck und Zucht zugleich. Der Glanz, die Schönheit, das Gebärden war dich zu lieben übrig satt. Doch muss dies vor gerühmet werden, dass deine Jugend Tugend hat. So komm und lass mich werden innen der schönen Freuden süßen Frucht. Schatz, dich allein besitzen können ist’s einzig, was mein Herze sucht.
N° 6: Ein getreues Herze wissen hat des höchsten Schatzes Preis. Der ist selig zu begrüßen, der ein treues Herze weiß. Mir ist wohl bei höchstem Schmerze, denn ich weiß ein treues Herze. Läuft das Glücke gleich zuzeiten anders als man will und meint, ein getreues Herz hilft streiten wider alles, was ist feind. Mir ist wohl … Sein Vergnügen steht alleine in des andern Redlichkeit. Hält des andern Not für seine. Weicht auch nicht bei böser Zeit. Mir ist wohl … Gunst die kehrt sich nach dem Glücke. Geld und Reichtum das zerstäubt. Schönheit lässt uns bald zurücke. Ein getreues Herze bleibt. Mir ist wohl … Eins ist da sein und geschieden. Ein getreues Herze hält. Gibt sich allezeit zufrieden. Stehet auf, sobald es fällt. Mir ist wohl … Nichts ist süßers als zwei Treue, wenn sie eines worden sein. Dies ist’s, das ich mich erfreue. Und sie gibt ihr Ja auch drein. Mir ist wohl …
N°: 7 Anemone, meine Wonne, meines Herzens stete Zier, meine Klarheit, meine Sonne, kannst du dies denn gläuben dir, das, was dir mein Mund verspricht, meine mein Gemüte nicht. Nicht so, Liebste. Lass dir sagen, es ist ein betrogner Wahn, der dich heißt um etwas klagen, das dir doch nicht fehlen kann. Was betrübt dich Zeit und Ort? Wahre Liebe hält ihr Wort. Nacht und Tag, und alle Blicke, gehn auf dein Gedächtnis hin. Was von Seufzen ich verschicke, heiß ich alles zu dir ziehn. Und die Tränen meiner Pein send’ ich Schatz, zu dir allein. Ach nun, Anemone, gläube, was du dir selb-selbst sagst zu. Der ich eigen bin und bleibe, Anemone, das bist du. Anemone, meine Zier, Du, nur bist die Liebste mir.
N° 8: Es ist umsonst, das Klagen, das du um mich, und ich um dich, wir um einander tragen. Sie ist umsonst, die harte Pein, mit der wir itzt umfangen sein. Lass das Verhängnis walten. Was dich dort ziert, und mich hier führt, das wird uns doch erhalten. Dies, was uns itzt so sehr betrübt, ist’s dennoch, das uns Freude gibt. Sei unterdessen meine, mein mehr als ich, und schau auf mich, dass ich bin ewig deine. Vertraute Liebe weichet nicht. Hält allzeit, was sie einmal spricht. Auf alle meine Treue sag’ ich dir’s zu, du bist es, du, der ich mich einzig freue. Mein Herze, das sich itzt so quält, hat dich, und keine sonst erwählt. Bleib, wie ich dich verlassen, dass ich dich einst, wie du itzt weinst, mit Lachen mag umfassen. Dies soll für diese kurze Pein uns ewig unsre Freude sein. Eilt, lauft, ihr trüben Tage, Eilt, lauft, vorbei. Eilt, macht mich frei von aller meiner Plage. Eilt, kommt ihr hellen Stunden ihr, die mich gewähren aller Zier.
N° 9: Muss sie gleich sich itzund stellen als wär ich ihr unbekannt; meint drum nicht, ihr Mitgesellen, dass ihr Sinn sei umgewandt. Ihre Treu’ in unserm Handel, die weiß ganz von keinem Wandel. Amor liebet solche Herzen, die des Mundes Meister sein, die bei Trauren können scherzen, und erfreuet sein in Pein. Wer will hassfrei sein im Lieben, der muss sich im Bergen üben. Dennoch hat sie mich im Sinne, hat sie mich im Auge nicht. Nicht ist’s außen sondern drinne, was mir ihre Gunst verspricht. Müssen schon die Lippen schweigen, sie denkt doch: der bleibt mein eigen. Recht so, Schwester, lass nicht merken was dich heimlich labt und kränkt; man verrät sich mit den Werken, der bleibt sicher, der viel denkt. Lass sie sagen was sie wollen, wir nur wissen was wir sollen. Sei dir ähnlich und verbleibe die du vor warst und noch bist, denke nicht, weil ich nichts schreibe, dass mein Denken dich vergisst; so gedenk ich stetigs deiner, dass ich auch vergesse meiner.
N° 10: Aurora schlummre noch an deines Liebsten Brust, es ist der tiefen Nacht kein Morgen noch bewusst. Diana führt die Sternen noch höher in die Luft, will weiter von mir lernen was ich ihr vorgeruft. Neun Stunden sind nun gleich von Nächten durchgebracht, neun Stunden hab ich nun an Korilen gedacht. An Korilen, die schöne von der ich bin so weit, drum klinget mein Getöne nach nichts denn Traurigkeit. Nehmt Korilen in acht, ihr Wächter aller Welt für ihren treuen Sinn, den sie mir vorbehält. Ich will nicht müde werden in ihrer festen Pflicht, bis dass der Feind der Erden auch mir mein Urteil spricht. Aurora, lege nun um dich den Purpur-Flor, der junge Tag tut auf der Eos güldnes Tor. Wirst du mein Lieb’ ersehen so gib ihr einen Wink, als mir von ihr geschehen indem ich von ihr ging.
N° 11: Will sie nicht, so mag sie’s lassen, Zynthie, die stolze die. Was betrüb ich mich um sie. Eins ist mir ihr Huld und Hassen. Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei. Vorhin tät ich wie sie täte. Lieb’ ist Gegenliebe wert. Itzund, weil sie sich verkehrt’ bin auch ich auf andrer Stätte. Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei. Meint sie wohl mich zu betrüben mit dem, was nur ist ein Schein? Nein. Will sie mir gut nicht sein, so kann ich auch sie nicht lieben. Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei. Zahlt mir dies nun meine Treue, meinen unbewegten Sinn? Doch wer achtet’s. Immerhin. Es kömmt doch noch wohl zur Reue. Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei. Sie bekömmt wohl meinesgleichen und auch ihresgleichen ich. Weil sie ja verdringet mich, so will ich ihr gerne weichen. Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei. Sie mag lachen oder klagen oder etwas anders tun. Mich vergnüget dieses nun, dass ich kann mit Wahrheit sagen: Zynthie sei wer sie sei; ich bin froh, dass ich bin frei.
N° 12: Ihr Gift der Zeit, ihr Pest der Jugend, weg, Venus, Amor, weg von mir. Forthin so dien’ ich nur der Tugend; wenn ihr verwelkt bleibt ihre Zier. Wer sich der Weisheit ganz ergibet, der liebet recht und wird geliebet. Komm, güldne Freiheit, komm, mein Leben und setze mir dein Hütlein auf. Ich habe gute Nacht gegeben der Eitelkeiten schnöden Lauf. Sie sei nun wie sie will, allein. Auch ich bin niemands mehr, als mein.
